Hoffnung für Betroffene Potenzial der Forschung ist gross

Von A wie Akrozephalosyndaktylie über K wie Klippel-Feil-Syndrom bis Z wie Zerebrotendinöse Xanthomatose: Es gibt Leiden, von denen selbst viele Ärztinnen und Ärzte noch nichts gehört haben. Kein Wunder, dass die meisten der bis zu 8’000 bekannten seltenen Krankheiten durch das alltägliche Diagnoseraster fallen, indem Symptome falsch gedeutet oder nicht ernst genommen werden. Manche der schätzungsweise circa eine halbe Million betroffener Menschen in der Schweiz machen eine wahre Odyssee durch das Gesundheitssystem durch, bevor sie die richtige Diagnose erhalten – manche erfahren nie, was hinter ihren Beschwerden steckt.
Wichtig: frühe Diagnosestellung
Bis eine Person mit einer seltenen Erkrankung diagnostiziert wird, dauert es im Durchschnitt fünf Jahre. Dieser lange Weg geht häufig mit Fehldiagnosen einher, sowie einer häufig ungenügenden medikamentösen Versorgung. Ein früher Zeitpunkt der Diagnosestellung ist von essenzieller Bedeutung, denn viele dieser Krankheiten sind lebensbedrohlich oder führen zu Invalidität. Zu den seltenen Erkrankungen, die mit zum Teil schwerwiegenden körperlichen und geistigen Einschränkungen einhergehen, zählen zum Beispiel bestimmte Infektionskrankheiten, Autoimmunkrankheiten oder Krebsformen. Das Gros der Seltenen ist genetisch bedingt, daher machen sich viele schon bei der Geburt oder im frühen Kindesalter bemerkbar.
Neue genetische Erkrankungen
Aktuell grosser Hoffnungsträger ist die künstliche Intelligenz (KI). So ist es dank KI zum Beispiel einem internationalen Forschungskonsortium, an dem 15 deutsche Unikliniken und die Stellenbosch University in Kapstadt (Südafrika) teilgenommen haben, gelungen, bei 499 Patientinnen und Patienten die genetische Ursache der Erkrankung zu identifizieren. «Besonders stolz sind wir auf die Entdeckung von 34 neuen molekularen Erkrankungen, die ein schönes Beispiel für die wissensgenerierende Krankenversorgung an Unikliniken sind», sagt Erstautorin Dr. Theresa Brunet vom Institut für Humangenetik des Klinikums rechts der Isar der TUM.
Diagnose per Gesichtsanalyse
Zusätzlich testeten die Forschenden das KI-System «GestaltMatcher» erstmals in der Breite. Die innovative Gesichtsanalyse nutzt das menschliche Gesicht beziehunsgweise dessen charakteristischen Züge als Anhaltspunkt für die Diagnose seltener, sogar bislang unbekannter Erkrankungen – und das mit hoher Treffsicherheit und somit klinischem Nutzen. Dies gelingt, da die den Erkrankungen zugrunde liegenden Erbgutveränderungen sich meist auch zum Beispiel durch anders geformte Augenbrauen oder Wangen äussern. «GestaltMatcher ist wie eine Expertenmeinung, die wir jeder ärztlich tätigen Person in Sekundenschnelle zur Verfügung stellen können», erklärt Korrespondenzautor Prof. Peter Krawitz, Direktor des Instituts für Genomische Statistik und Bioinformatik (IGSB) am Universitätsklinikum Bonn (UKB). Ein unterstützender Einsatz der Software durch Kinderärztinnen und -ärzte könnte bereits bei Auffälligkeiten während der Vorsorgeuntersuchungen sinnvoll sein.
Mehr Therapien nötig
Die Diagnose ist das eine, eine adäquate Therapie das andere: Gerade einmal für knapp drei Prozent aller bekannten Seltenen steht in der EU aktuell eine spezifisch zugelassene Behandlung zur Verfügung. Die gute Nachricht: Die Anzahl an Indikationen von Medikamenten gegen seltene Krankheiten ist innerhalb der letzten Jahre stetig angewachsen – auch in der Schweiz. Im Jahr 2023 gab es hierzulande insgesamt 385 Indikationen von Medikamenten mit dem sogenannten Orphan-Drug-Status; zehn Jahre zuvor waren es 132 Indikationen. So profitieren immer Menschen von den Forschungsbemühungen der Pharmaunternehmen in einem Bereich, der aufgrund der sehr geringen Anzahl an Patientinnen und Patienten wirtschaftlich gesehen nicht gerade lukrativ ist. Das Gute: Das Wissen über seltene Krankheiten auf molekularer und genetischer Ebene wächst und treibt die Entwicklung neuer Therapien – insbesondere Gen- und Zelltherapien – sowie die personalisierte Medizin weiter voran.
Erstellt: 04.06.2025 07:00 Uhr
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