Schweizer Führungskräfte Wie verhandeln Schweizer Führungskräfte?
Wie kommen Sie dazu, eine Untersuchung zur Schweizer Verhandlungspraxis durchzuführen?
Gnehm: Das Konzept für die Studie ist aus dem Wunsch entstanden, mehr darüber zu erfahren, wie Führungskräfte in der Schweizer Geschäftswelt tatsächlich verhandeln, welchen Stellenwert Verhandlungen in ihrem Berufsalltag einnehmen und inwiefern sie ihr Verhalten danach ausrichten. Bis dato gab es keine wissenschaftlich fundierte Studie, die diese Fragen untersucht hat. Als Anwaltskanzlei, welche sich besonders intensiv mit dem Thema Verhandeln auseinandersetzt, haben wir von BGPartner daher beschlossen, die Studie zusammen mit der Negotiation Academy Potsdam selbst durchzuführen. Das Resultat ist die erste repräsentative, praxisbezogene Untersuchung zum Thema «Wie verhandeln Schweizer Führungskräfte?».
Welche Ergebnisse hat die Studie geliefert?
Mégevand: Viele sehr interessante Ergebnisse. Beispielsweise sind über 90 % der Befragten überzeugt, dass Verhandlungsfähigkeiten ein wichtiger Erfolgsfaktor in der Karriere sind. Gleichzeitig hinkt die Ausbildung in diesem Thema hinterher und die Befragten wünschen sich von ihrem Unternehmen mehr Unterstützung beim Thema Verhandeln. Ausserdem scheint die Wichtigkeit einer guten Vorbereitung für den Verhandlungserfolg unbestritten. Mehr als 65% der Befragten gaben sogar an, für erfolgreiche Verhandlungen sollte mehr Zeit in die Vorbereitung als in die Verhandlung selbst aufgewendet werden. Tatsächlich halten sich die Vorbereitungs- und die Verhandlungszeit dann aber die Waage. Plakativ gesagt: Die Führungskräfte wissen, dass sie mehr Zeit in die Vorbereitung als in die Verhandlung selbst investieren sollten, tun es aber in den meisten Fällen trotzdem nicht.
Gnehm: Erfreulich ist die Erkenntnis, dass das Setzen von Verhandlungszielen Grundbestandteil der Schweizer Verhandlungspraxis ist. Dabei werden sowohl Mindest- als auch Wunschziele formuliert. Dies bringt nachweislich bessere Verhandlungsresultate. Gemäss Befragung tauschen sich auch rund 77 % der Schweizer Führungskräfte nach einer Verhandlung mit Kollegen und Vorgesetzten über die Verhandlungserfahrungen und–Ergebnisse aus; in Deutschland tun das allerdings rund 87% der Verhandler. Hier gibt es für Schweizer Verhandler also noch Optimierungspotenzial, denn dieser Austausch ist für zukünftige Verhandlungserfolge entscheidend.
Wie erfolgreich verhandeln Schweizer Führungskräfte?
Mégevand: Der Grossteil der Schweizer Führungskräfte ist ziemlich selbstbewusst und überzeugt von den eigenen Verhandlungsfähigkeiten. Mithin sind sie überzeugt, erfolgreich zu verhandeln. Gleichzeitig sind mehr als 50 % der Befragten aber auch der Ansicht, dass die meisten Verhandlungsführer ihre Verhandlungsfähigkeiten überschätzen. Das ist eine interessante Divergenz.
Was kann in der Schweizer Verhandlungspraxis noch verbessert werden?
Gnehm: Verhandlungen als solche und auch entsprechendes Training könnten in Unternehmen konsequenter zum Thema gemacht werden. Verhandlungskompetenzen sind nämlich erlernbar und es ist wissenschaftlich erwiesen, dass trainierte Verhandler deutlich bessere Resultate erzielen können. Aber nur bei 47 % der Befragten war Verhandeln tatsächlich Teil der Ausbildung. In Deutschland ist das bei knapp 70 % der Verhandler er Fall. Es besteht also ein deutlicher Nachholbedarf.
Mégevand: Die Studie hat gezeigt, dass Schweizer Führungskräfte auch nach Ende der Corona-Pandemie immer noch mehrheitlich am liebsten Face-to-Face verhandeln. Dies, weil sie sich von Face-to-Face Verhandlungen bessere Resultate versprechen, aber auch, weil sie gemäss eigenen Angaben die digitale Verhandlungsführung nicht so gut beherrschen. Auch digitale Verhandlungsunterstützungssysteme kommen in der Schweizer Verhandlungspraxis bisher kaum zum Einsatz. Man kann also sagen, dass die Schweizer Führungskräfte sich in Zukunft stärker mit der digitalen Verhandlung auseinandersetzen sollten.
Was können wir noch erwarten zu diesem Thema – haben Sie weitere Untersuchungen geplant?
Gnehm: Absolut; Verhandlungsführung ist ein vielfältiges und wichtiges Thema. Wir arbeiten unter anderem an einer Folgestudie zum internationalen Verhandlungsverhalten und wollen die Ausbildung zum Thema Verhandeln fördern, gerade auch bei jüngeren Generationen. Die aktuelle Studie kann übrigens mit einer E-Mail an: negotiation@bgpartner.ch kostenlos bezogen werden.

Im Interview
Elena Mégevand und Oliver Gnehm sind Partner der BG Partner AG, einer führenden, national und international ausgerichteten Schweizer Anwaltskanzlei mit Spezialisierung im Wirtschaftsrecht und in Verhandlungsführung.
Erstellt: 16.09.2023 07:00 Uhr
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Dieser Beitrag wurde von Xmediasolutions in Kooperation mit BG Partner AG erstellt. Die Redaktionen von Tages-Anzeiger und Tamedia / TX Group haben keinerlei Einfluss auf die Inhalte.